Im Jahr 1954 veröffentlichte der texanische Gynäkologe Herman Gardner zusammen mit dem Mikrobiologen Charles Dukes einen Artikel unter dem Titel „Haemophilus vaginalis vaginitis – a new entity“, in dem er die Entdeckung eines neuen Bakteriums im Zusammenhang mit einer Veränderung der Scheidenflora ansonsten gesunder Frauen beschrieb. Gardner und Dukes nannten dieses Bakterium Hämophilus vaginalis und waren aufgrund verschiedener Versuche der Auffassung, dass die damit zusammenhängende Scheidenerkrankung eine sexuell übertragbare, neu entdeckte Erkrankung sei. Sie nannten Epithelzellen der Scheide, die von diesen und anderen Bakterien dicht bedeckt waren, wegen ihres typischen Aussehens „clue cells“ (Schlüsselzellen). Solche Zellen erinnern an ein paniertes Schnitzel (siehe Foto oben).

1981 wurde vom ungarischen Mikrobiologen Dr. Peter Czango in Kristiansand/Norwegen die internationale crème de la crème der gynäkologischen Infektiologen zu einem Symposium zusammengerufen. Auch Gardner war anwesend. Man einigte sich darauf, das Krankheitsbild „bacterial vaginosis“ (Bakterielle Vaginose, BV) und das zugrunde liegende Bakterium zu Ehren von Herman Gardner „Gardnerella vaginalis“ zu nennen, was kurz zuvor schon in der Fachliteratur vorgeschlagen worden war. Eine weitere für die BV typische Gattung von Bakterien wurde „Mobiluncus“ genannt (lat.: mobilis = beweglich, uncus = Haken), weil sie kommartig aussehen und im Mikroskop durch schnelle Bewegungen auffallen (siehe Video unten).

1984 erkannte auch die WHO in einer Sitzung in Stockholm den Begriff Bakterielle Vaginose an und definierte die Erkrankung als „ a replacement of the lactobacilli of the vagina by characteristic groups of bacteria accompanied by changed properties of the vaginal fluid“ – man war also der Meinung, dass es sich nicht um eine sexuell übertragbare Erkrankung handelt und dass nicht ein Erreger für die Störung verantwortlich ist. Ausserdem wurde Wert darauf gelegt, auch schon im Namen zu zeigen, dass es sich nicht um eine Entzündung der Scheide (Kolpitis, Vaginitis) handelt, sondern nur um eine Milieustörung, eine Dysbiose (Bakterielle Vaginose).

Im Jahr 2005 wurde vom Gastroenterologen Dr. Alexander Swidsinski aus der Charité und dem Gynäkologen Prof. Werner Mendling aus den Vivantes – Kliniken in Berlin sowie weiteren Autoren dieser Arbeitsgruppe erstmals in der Frauenheilkunde ein bakterieller Biofilm bei der BV beschrieben, der der Vaginalwand anhaftet. Er besteht zum grössten Teil aus Gardnerella vaginalis und Atopobium vaginae, einem Bakterium, das nur wenige Jahre zuvor mit modernen Techniken richtig identifiziert worden ist.

In weiteren Publikationen von 2008 bis 2011 teilten sie mit, dass die seit 30 Jahren übliche leitliniengerechte Therapie der BV diesen Biofilm nicht beseitigen kann, obwohl Arzt und Patientin zunächst den Erfolg der Therapie annehmen, und führten die mit etwa 60 – 70 % häufigen Rückfälle der BV innerhalb weniger Wochen bis Monate darauf zurück. Sie zeigten ausserdem, dass dieser charakteristische Biofilm auch bei den Sexualpartnern von Frauen mit BV zu finden ist, indem sie den Urin beider Partner und die darin befindlichen Epithelzellen untersuchten .

Neue Untersuchungen mit modernen Methoden offenbaren über 300 verschiedene Bakterienarten in der Scheide. Gardnerella vaginalis existiert in mindestens 4 verschiedenen Stämmen, nur einer davon kommt signifikant häufig bei BV vor. Es ist also auch aus diesem Grund unbedeutend,  Gardnerella vaginalis kulturell nachzuweisen, denn dieses Bakterium kommt oft auch in der gesunden Scheide vor.

Da nur Frauen unter dem Einfluss ihrer Eierstockhormone, also nach der Menarche und vor der Menopause, eine von Milchsäurebakterien (Laktobazillen) dominierte Scheidenflora haben, ist deren Störung, die BV, auch nur in dieser Lebensphase typisch.

Die Symptome der BV sind unangenem „fischig“ riechender Ausfluss (besonders, wenn Blut oder Sperma in der Scheide ist), ein über 4,5 erhöhter pH – Wert des Ausflusses, der grau – cremig statt weiss aussieht und auch kleine Schaumbläschen enthalten kann, und der vom Arzt mikroskopisch typische Nachweis von „Schlüsselzellen“.

In Mitteleuropa leiden etwa 20 % der Frauen im fortpflanzungsfähigen Alter unter einer BV. Da eine genetische Disposition wie bei der Besiedlung durch Laktobazillen eine Rolle zu spielt scheint, kommt die BV bei farbigen Frauen in mindestens 30 % der Fälle vor. Auch das Sexualverhalten spielt eine Rolle; beispielsweise leiden lesbische Frauen häufiger unter einer BV. Ein weiterer Risikofaktor ist das Rauchen.

Die BV ist wegen des unangenehmen Geruchs vordergründig nur ein ästhetisches Problem. Sie birgt aber auch wichtige medizinische Risiken: Frauen mit BV erleiden häufiger aufsteigende Genitalinfektionen wie die Eileiterentzündung (Salpingitis), z. B. bei Einlage einer „Spirale“, bei einem gynäkologischen Eingriff (Ausschabung, Schwangerschaftsabbruch), und sie haben ein erhöhtes Risiko der Ansteckung mit anderen Erregern, z. B. auch mit HIV.

Die wohl wichtigste Bedeutung der BV liegt darin, dass sie statistisch signifikant das Risiko für eine Frühgeburt im Fall einer Schwangerschaft erhöht, besonders wenn diese Frauen gleichzeitig bestimmte genetische Dispositionen (Genpolymorphismen) haben.

Eine echte Entzündung der Scheidenwand besteht hingegen bei der international sog. aeroben Vaginitis. Die Frauen leiden unter einem starken Ausfluss, der pH – Wert des Fluors ist 5 – 6 , also stark erhöht, und es sind mikroskopisch weitere charakteristische Veränderungen sichtbar. Kulturell werden bevorzugt Bakterien gezüchtet, die Sauerstoff brauchen (Aerobier). Das ist ganz im Gegensatz zur bakteriellen Vaginose, bei der fast nur Anaerobier vorkommen. Vermutlich sind die Bakterien aber nicht Ursache der Störung. Man diskutiert immunologische Probleme in der Scheidenhaut, auch Vitamin D – Mangel. Die Therapie ist schwierig.