Teil 2: Mykoplasmen und Ureaplasmen – Bakterielle Vaginose – Aerobe Vaginitis und desquamative inflammatorische Vaginitis – Therapiemit Probiotika – Diagnostische Empfehlungen für die Praxis

Um bei Störungen des vaginalen Mikrobioms und damit verbundenen Beschwerden den bestmöglichen Behandlungserfolg
zu erzielen, sind der gezielte Einsatz von Untersuchungsverfahren und die richtigen Schlüsse aus den Ergebnissen entscheidend.

Der hier vorliegende Teil 2 dieses Beitrags stellt aktuelle Erkenntnisse zu Erkrankungen vor und gibt Empfehlungen zur Diagnostik.
Der Stand des Wissens zum vaginalen Mikrobiom wurde bereits in Teil 1 in FRAUENARZT 3/22 zusammengefasst.

Mykoplasmen und Ureaplasmen

Von den Mykoplasmen und Ureaplasmen (Mollicutes) wird einzig M. genitalium als Verursacher einer Infektion angesehen (41). U. urealyticum, U. parvum und M. hominis sind Trittbrettfahrer bei Dysbiose und erhöhtem pH-Wert. Viele Frauen mit genitalem Nachweis von Mykoplasmen werden in deutschen Arztpraxen und Kreißsälen deshalb antibiotisch behandelt. Die häufig verordnete Therapie mit Antibiotika gegen diese Arten bei beiden Partnern ist nicht erforderlich und bringt zudem unnötig Unruhe in ein gesundes Paar.

Ein internationales Expertengremium hat dazu im Jahr 2018 Stellung genommen.
Da diese Publikation in Deutschland kaum bekannt ist, werden die entscheidenden Aussagen der Zusammenfassung hier wörtlich zitiert:

„At present, we have no evidence that we are doing more good than harm detecting and subsequently treating Mycoplasma hominis, Ureaplasma parvum and Ureaplasma urealyticum colonizations/infections. Consequently, routine testing and treatment for M. hominis, U. urealyticum and U. parvum are not recommended.
Asymptomatic carriage of these bacteria is common, and the majority of individuals do not develop any disease. Although U. urealyticum has been associated with urethritis in men, it is probably not causal unless a high load is present (likely carriage in 40–80 % of detected cases).

The extensive testing, detection and subsequent antimicrobial treatment of these bacteria performed in some settings may result in the selection of antimicrobial resistance, in these bacteria, „true“ STI agents, as well as in the general microbiota, and substantial economic cost for society and individuals, particularly women. The commercialization of many particular multiplex PCR assays detecting traditional non-viral STIs together with M. hominis, U. parvum and/or U. urealyticum has worsened this situation. Only men with high U. urealyticum load should be considered for treatment, however, appropiate evidence for effective treatment regimes is lacking. In symptomatic women, bacterial vaginosis (BV) should always be tested for and treated if detected.“ (41).

Ähnlich sieht es beim Nachweis von Mykoplasmen und Ureaplasmen in der Schwangerschaft aus, speziell bei drohender Frühgeburt. Die kausale Bedeutung
von Mycoplasma hominis und (besonders) U. parvum im Zusammenhang mit einer Frühgeburt wird seit Jahren diskutiert, ist aber nicht gesichert. Auch dazu hat ein Expertengremium Stellung bezogen: „Currently, there is no general rule to screen and treat formycoplasmata during pregnancy.“ (42).

Bakterielle Vaginose

Die bakterielle Vaginose (BV) ist keine Infektion durch Gardnerella vaginalis, sondern eine Dysbiose, bei der einzelne von den 13 bekannten Gardnerella-Spezies  mit anderen anaeroben, BV-assoziierten Bakterien eine Gemeinschaftbilden.
Die BV ist mit Frühgeburt, Zervizitis und Salpingitis (Pelvic Inflammatory Disease/PID) sowie gynäkologischer und geburtshilflicher postoperativer Infektmorbidität verbunden (43) (z. B. Eileiterentzündung nach Einlegen eines Intrauterinpessars, Infektion eine Dammrisswunde oder Endometritis im Wochenbett).
Die diagnostischen Kriterien der BV sind („Amsel-Kriterien“ nach Richard Amsel (44)): grau-weißer Fluor, fischiger Geruch, pH > 4,5 und mindestens 20 % Clue Cells (Schlüsselzellen = Schlüssel zur Diagnose!) im mikroskopischen Nativpräparat. Die BV ist mit einem erhöhten Risiko für die Akquise sexuell übertragbarer Infektionen (STI) durch Chlamydia trachomatis, Mycoplasma genitalium, Neisseria gonorrhoeae, Trichomonas vaginalis, Herpessimplex- Virus Typen 1 oder 2, HIV und High-Risk-Typen humaner Papillomviren
verbunden und umgekehrt (28, 43).

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Vaginales und kolorektales Mikrobiom – aktuelles Wissen und praktische Diagnostik TEIL 2 - als PDF Datei